Internationaler Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen


Gewalt gehört für viele Frauen noch immer zum Alltag: Rund ein Drittel aller Frauen erfährt mindestens einmal in ihrem Leben Gewalt – unabhängig von Herkunft, Alter, Bildung oder Religion. Oftmals stammen die Täter aus dem sozialen Umfeld – der eigene Partner oder Ex-Partner.

Häusliche Gewalt ist keine Privatangelegenheit. Es ist davon auszugehen, dass polizeilich nur ein Bruchteil der Gewalt im häuslichen Umfeld erfasst wird. Wir brauchen mehr Aufmerksamkeit für das Thema, damit die Menschen genau hinschauen und Hilfe anbieten“, sagt LKA-Präsident Friedo de Vries.

Die Polizei registrierte im Jahr 2020 in Niedersachsen knapp 14.500 Straftaten, bei denen Frauen Opfer häuslicher Gewalt wurden. Dazu zählen Rohheitsdelikte wie Straftaten gegen die persönliche Freiheit, gegen die sexuelle Selbstbestimmung und Körperverletzungsdelikte. Das sind 26 Prozent mehr, als noch im Jahr 2015. Allein von 2019 auf 2020 gab es eine Steigerung von acht Prozent. Auffällig sind auch die Tötungsdelikte im Kontext häuslicher Gewalt: Waren es im Jahr 2015 noch 31 Frauen, die Opfer eines versuchten oder vollendeten Tötungsdeliktes wurden, sind es im Jahr 2020 mit 62 Taten bereits doppelt so viele. Aber nicht nur strafrechtlich relevante oder polizeilich erfasste Straftaten beeinträchtigen das Leben von Frauen maßgeblich.

Gewalt gegen Frauen beginnt schon weit bevor die Linie zur Strafbarkeit überschritten wurde“, mahnt LKA-Präsident Friedo de Vries. „Körperliche Gewalt ist nur eine Facette eines komplexen Verhaltensmusters, das umfassend auf Macht und Kontrolle zielt. Betroffene sind häufig auch psychischer Gewalt wie Demütigungen, Drohungen, Einschüchterungen, sozialer Isolation oder wirtschaftlichem Druck durch den Täter ausgesetzt“, erklärt de Vries.

Frauen ist es aus vielerlei Gründen, beispielsweise aufgrund wirtschaftlicher Zwänge oder emotionaler Abhängigkeit nicht möglich, sich aus eigener Kraft aus der Misshandlungsbeziehung zu lösen. Hier bietet ein großes Netzwerk staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen Hilfe an.

Doch einige Frauen erkennen ihre Notlage erst dann, wenn die Gewalt bereits zu einer ernstzunehmenden Bedrohung geworden ist. „Bin ich hier richtig?“ Auf diese oder ähnliche Fragen stößt man regelmäßig in Hilfeforen für betroffene Frauen. Einige zweifeln sogar daran, ob das, was sie erleben, tatsächlich Gewalt ist. Ob die Gewalt, die sie erfahren, schon „schlimm“ genug ist. Hilfe bietet bei diesen Fragen nicht nur die Polizei: Die Beratungs- und Interventionsstellen gegen Gewalt (https://biss-hannover.de) sowie die Opferhilfe Niedersachsen (www.opferhilfe.niedersachsen.de) beraten Betroffene sowohl online als auch vor Ort.

Auch welche rechtlichen Möglichkeiten aus der ausweglos erscheinenden Situation helfen können, ist den meisten Betroffenen nicht bewusst: Die Polizei verweist im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt jährlich über 1.800 Personen der Wohnung bzw. spricht gegen sie Platzverweisungen oder Näherungsverbote aus. Eine Wegweisung aus der gemeinsam bewohnten Wohnung verschafft Opfern häuslicher Gewalt unabhängig von Eigentums- und Mietverhältnissen Zeit und Sicherheit, die nächsten Schritte in Richtung eines selbstbestimmten Lebens zu ergreifen.

Ist es bereits zur Gewalt gekommen, rufen die Opfer nicht immer direkt die Polizei. Oft entscheiden sich Frauen erst Wochen später zu einer Anzeige. Noch unsichere Betroffene sollten trotzdem Spuren und Verletzungen dokumentieren lassen. Das Netzwerk ProBeweis (www.probeweis.de) ist in Niedersachsen eine medizinische Anlaufstelle zur professionellen Dokumentation und Sicherung von Spuren unter anderem im Kontext von häuslicher Gewalt. Die Untersuchung und gerichtsverwertbare Dokumentation ist kostenlos und findet unter Wahrung der ärztlichen Schweigepflicht statt. Auch kleinste Verletzungen wie Kratzer oder blaue Flecken sind wichtige Befunde, die dokumentiert werden sollten. Die Betroffenen haben so auch nach Jahren noch die Möglichkeit, die Taten ohne Verlust der Beweiskraft zur Anzeige zu bringen.


Weitere Hinweise und Beratungsangebote finden betroffene Frauen unter:
https://www.polizei-beratung.de/opferinformationen/haeusliche-gewalt/ 


Rückfragen bitte an:

Katrin Gladitz

Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Landeskriminalamt Niedersachsen
Am Waterlooplatz 11 | 30169 Hannover
Telefon: +49 511 26262-1031
E-Mail: pressestelle@lka.polizei.niedersachsen.de

Presseinformation Nr. 22

24.11.2021

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