Forschungsprojekt „Sicherheit und Vielfalt im Quartier – DIVERCITY“

Divercity

Interdisziplinäre Forschung für mehr Sicherheit im Wohnumfeld

Die großen Städte in Deutschland wachsen stetig. Immer mehr Menschen zieht es in urbane Lebensräume, weil sie dort Arbeit, ein breites kulturelles Angebot und berufliche Perspektiven finden. Durch Zuwanderung in jüngster Zeit bzw. allgemein durch langfristige demografische Entwicklungen verändern sich die Stadtquartiere. In der Folge wandeln sich Nutzungsanforderungen an öffentliche Räume und an die Wohnnachbarschaft, beispielsweise steigt die Nachfrage nach preisgünstigem Wohnraum. Gleichzeitig beeinflussen diese Entwicklungen und aktuellen Dynamiken unter Umständen die objektive und subjektive Sicherheit von Bewohnerinnen und Bewohnern und stellen neue kriminalpräventive Anforderungen an das Stadtquartier und das Wohnumfeld. Themen wie Wohnraumversorgung, Nachbarschaftsbildung, Integration von Zuwanderern sowie soziale und kulturelle Vielfalt der Stadtgesellschaft usw. gewinnen stetig an Bedeutung.

Hier setzt das Projekt Sicherheit und Vielfalt im Quartier – DIVERCITY an. Darin geht es unter anderem um die Frage, was Kommunen, Wohnungsunternehmen, Polizei und Wissenschaft tun können, damit das Wohnumfeld von den Bürgerinnen und Bürgern als sicher empfunden wird. Aber auch: Wie kann polizeiliches Wissen bereits in Planungsprozesse integriert werden? Können Kriminalitätsprognosen einen Beitrag für die Stadtplanung leisten? Welche Bedeutung kommt der Wohnungswirtschaft zu, um sichere Wohnverhältnisse und sichere Nachbarschaften zu entwickeln? Wie können kommunale Akteure tätig werden um diversitätsorientierte Strategien, Konzepte und Maßnahmen für Ordnung und Sicherheit in sich wandelnden Stadtquartieren zu erarbeiten und wie arbeiten Sie dabei zusammen? Im Zeitraum von drei Jahren sind die Projektbeteiligten LKA Niedersachsen, Deutsches Institut für Urbanistik und der Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Niedersachsen/Bremen diesen Fragen im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung nachgegangen.

Gemeinsam mit Verbundpartnerinnen und Verbundpartnern erforschte das Landeskriminalamt Niedersachsen anhand zweier Fallstudien (Bremen & Braunschweig) geeignete Strategien, Konzepte, Maßnahmen und Kooperationen, um Sicherheitskonzepte für Wohnquartiere zu entwickeln. Anhand der Bedarfe der assoziierten Partnerinnen und Partner aus den Bereichen Polizei, Wohnungsbau, Wissenschaft, Politik und Wirtschaft wurden Maßnahmen und Empfehlungen entwickelt.

Im Zeitraum 2018 bis Ende 2020 hatte das Forschungsprojekt zum Ziel, diversitätsorientierte Sicherheitsstrategien zu liefern, Grundlagen für Prognosen zu schaffen, die vor allem in konkreten Handlungsempfehlungen für die beteiligten Akteure münden.

Ratgeber zur Formulierung von Stellungnahmen in der Bauleitplanung

Im Rahmen der Bauleitplanung wird die Polizei in ihrer Funktion als „Träger Öffentlicher Belange (TÖB)“ häufig zur Abgabe von Stellungnahmen aufgefordert. Der Ratgeber erläutert den formellen Aufbau von Bebauungsplänen, die Bedeutung der dort zu treffenden Festsetzungen und gibt anwendungsbezogen Hinweise, welche Sicherheitsaspekte an konkreten Stellen einfließen können. Der Ratgeber soll sowohl der Polizei als auch den Kommunen als Unterstützung dienen.

Handreichung zur Durchführung interdisziplinärer Sicherheitsbegehungen

Der Zusammenhang von gebautem Raum und Sicherheitsempfinden ist ebenso erwiesen, wie der Zusammenhang von der Reduzierung von Tatgelegenheitsstrukturen durch Gestaltung und Management des öffentlichen Raums. Auch ist bekannt, dass sich die Wahrnehmung von Unsicherheit eher verorten lässt als ein positives Sicherheitsempfinden. Räume werden zu Angsträumen, wenn sie sicherheitsmindernde Gegebenheiten aufzeigen. Wie aber wird ein Raum von unterschiedlichen Nutzerinnen und Nutzern bewertet? Für die einen ist Übersichtlichkeit ein wesentlicher Aspekt für Sicherheit, für die anderen wird einem Ort durch zu viel Einsehbarkeit ein Raum zum Verstecken und Spielen genommen. Die Handreichung dient der Sensibilisierung von sicheren und unsicheren Orten und bietet Gelegenheit für einen interdisziplinären Diskurs der beteiligten Expertinnen und Experten, die Räume auch aus der Perspektive unterschiedlicher Nutzenden bewerten.

Handlungshilfe für Wohnungsunternehmen: Sicheres Wohnen frühzeitig gestalten

Der vdw Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in Niedersachsen und Bremen e. V. hat im Rahmen des Projekts eine Handreichung mit 50 sicherheitsrelevanten Fragestellungen inklusive Handlungsempfehlungen entwickelt, die Wohnungsunternehmen bei der Planung und Gestaltung sicherer Wohnquartiere als Orientierung verwenden können.

Die quantitative Erhebung kriminalitätsrelevanter baulich-räumlicher Merkmale dient der notwendigen Weiterentwicklung bestehender Sicherheitsstrategien im Wohnumfeld.

Hierzu sollten erste Grundlagen geschaffen werden, um mögliche Ansätze für statistische Prognosen (Zusammenhangsanalysen) zu formulieren. Dazu wurden mit Hilfe eines eigens entwickelten Erhebungsinstruments baulich-räumliche Merkmale in den Fallstudiengebieten Braunschweig-Heidberg und Bremen-Gröpelingen erfasst, die potentiell einen Einfluss auf Tatgelegenheitsstrukturen und das Sicherheitsempfinden der Wohnbevölkerung aufweisen können.

Kennzeichen guter Praxis

Das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) hat im Rahmen des Projekts „Sicherheit und Vielfalt im Quartier – DIVERCITY“ 16 Beispiele guter Praxis aus 13 deutschen Städten im Umgang mit Herausforderungen im Bereich urbaner Sicherheit in besonders vielfältigen Stadtquartieren ausgewählt. Grundlage der Auswahl waren die Kennzeichen diversitätsorientierter Sicherheitsstrategien, wie sie im Projekt entwickelt wurden. Dabei handelt es sich um Vorgehensweisen, die Fragen von Sicherheit und Vielfalt in der Stadt durch offene, inklusive, integrierte, kooperative, strategische und adaptive Maßnahmen und Konzepte adressieren und dabei die Unterschiedlichkeit der betroffenen Gruppen und Personen sowie ihr Recht auf Stadt anerkennen.

Weitere Informationen zum Projekt finden Sie ►hier

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